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Die erste bahnbrechende Studie über Verfolgung und Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Sexualität und Liebe in einem Flächenland über die Zeit nach 1945 ist erschienen. Das Land Rheinland-Pfalz hatte sie in Auftrag gegegen, dort kann sie auch heruntergeladen werden. Das Projekt leiteten das Institut für Zeitgeschichte und die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld.

Am 19. November 2016 kam in der ZDF-Sendung Mona Lisa auch unser Zeitzeuge Helmut Kress zu Wort. Der Beitrag unter dem TitelFürs Leben gezeichnet: Paragraph 175“ berichtet über die geplante Entschädigung der in der Bundesrepublik wegen des Paragrafen 175 StGB verurteilten Männer.  Im Beitrag schildert Hemut Kress seine Verhaftung, das Verhör und die Zelle im Jugendgefängnis Oberndorf am Neckar, in der er die Haft verbüßt hat.

Der Oberbürgermeister von Tübingen, Hans Gmelin, hatte wegen § 175 StGB denunziert. Ausgelöst durch das Interview mit unserem Zeitzeugen Helmut Kress wurden im Stadtarchiv Tübingen Akten gefunden. Helmut Kress wusste bislang nicht, aufgrund welcher Hinweise er 1961 an seinem Arbeitsplatz im Technischen Rathaus Tübingen verhaftet wurde. Aus den jetzt gefundenen Akten geht hervor, dass es eine Anzeige seines Vorgesetzten, des damaligen Oberbürgermeisters Hans Gmelin (1911-1991) war, die zu seiner Verhaftung und späteren Verurteilung nach § 175 StGB führte. Gmelin hatte am 18. Oktober 1961 an das Amtsgericht Tübingen geschrieben: „Das Städtische Personalamt hat in meinem Auftrag am 27.9.1961 der Landes-Kriminal-Hauptstelle Tübingen einen Brief übergeben, der von dem beim Stadtplanungsamt beschäftigten Zeichnerlehrling Helmut Kress abgefasst und an Helmut S. adressiert war. Nach dem Inhalt des Briefes könnte eine strafbare Handlung gemäß § 175 StGB beabsichtigt gewesen sein.“ (Stadtarchiv Tübingen, Bestand A515) Bei dem Brief handelt es sich um einen Liebesbrief von Helmut Kress an einen von ihm verehrten jungen Mann. Wie er in die Hände der Stadtverwaltung gelangte, ist nicht bekannt. Der Aktenfund zeigt nicht nur, dass die Anzeige des Juristen Hans Gmelin auf einen vagen Verdacht hin erfolgte, sie hat auch eine aktuelle politische Dimension. Zurzeit steht Hans Gmelin wegen seiner Aktivitäten im NS und der Nachkriegsjahre in der Kritik. Es gibt Bestrebungen zur Aberkennung seiner Ehrenbürgerwürde.